Denn wer den Krieg kennt, der erkennt den Wert der Stille.

Selbst wenn diese Geschichte nur eine Erzählung ist, finde ich, sie ist es wert gelesen zu werden.

Rufus

Er hat mir das Leben gerettet – mehr als einmal. Und doch weiß er nicht, was Heimat bedeutet.
Ich fand ihn in einem verlassenen Dorf, das in der Morgendämmerung noch rauchte. Der Boden war mit Asche bedeckt, und der Geruch von verbranntem Holz hing schwer in der Luft. Zwischen den Trümmern saß er. Ein dünner, aber wachsamer Schäferhund mit Narben an der Flanke und dem Blick eines alten Soldaten.
Er kam nicht bellend auf mich zu. Nein, er sah mich einfach nur an. Und ich wusste, dass er bleiben würde.
Ich nannte ihn “Rufus”. Nicht weil es ein schöner Name war, sondern weil er auf nichts anderes reagierte. Vielleicht hatte er ihn schon vorher getragen. Vielleicht war er auch einfach ein Geist aus einem anderen Krieg.
Rufus lief neben mir, als wäre er schon immer da gewesen. Kein Befehl nötig. Er roch die Gefahr, bevor wir sie sahen. Dreimal hat er mich zurückgezogen, bevor eine Mine hochging. Und jedes Mal dachte ich: Das war’s. Aber Rufus stand da, knurrte, und dann hörte ich das Klicken.
Bei der Patrouille durch das Marschland war es Rufus, der plötzlich stehen blieb, den Kopf tief, den Rücken steif. Sekunden später hörten wir das Zischen. Eine Granate, scharf, mitten im Sumpf. Wir warfen uns in Deckung. Er nicht. Er rannte. Direkt in die Richtung, aus der der Rauch kam. Als wir ihm folgten, fanden wir ein getarntes Lager mit einem verletzten Kameraden – bewusstlos, blutend. Rufus hatte ihn gerochen. Gerettet.
Er kannte keine Müdigkeit. Auch keine Angst. Bei jedem Schusswechsel kroch er flach an meiner Seite, duckte sich, wartete auf das Zeichen. Und wenn es still wurde, war er der Erste, der durch die Ruinen lief, um Leben zu wittern – oder Tod.
Ich erinnere mich an die Nacht, als wir in einem verlassenen Bauernhaus Stellung bezogen. Der Regen schlug gegen das Blechdach, und das Feuerholz war nass. Wir saßen zusammen, die Wände zitterten bei jedem Donner. Plötzlich knurrte Rufus. Tief, kehlig. Dann bellte er – ein einziger, scharfer Laut. Ich griff nach dem Gewehr. Sekunden später flog die Tür auf. Zwei Gestalten. Schnell. Doch Rufus sprang. Direkt auf den ersten. Ich feuerte. Der zweite floh.
Ich habe Männer gesehen, die für weniger ein Kreuz bekommen haben.
Rufus hat keine Medaille. Er hat eine Narbe über dem rechten Auge, ein hinkendes Bein und einen Blick, der jede Lüge erkennt.
Als der Befehl kam, dass wir abziehen, wollten sie ihn zurücklassen. „Nicht militärisches Eigentum“, hieß es. Ich sah ihn an. Und er sah mich an – als würde er verstehen.
Ich habe nicht diskutiert. Ich habe ihn einfach mitgenommen.
Jetzt, wo ich bald nach Hause gehe, weiß ich: Er kommt mit. Kein Zwinger, keine Leine. Er wird auf meiner Veranda liegen, die Sonne auf dem Rücken, und endlich lernen, was Frieden bedeutet.
Denn wer den Krieg kennt, der erkennt den Wert der Stille.

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